Gemeindehaus Münsingen
Gemeinde Münsingen
Offener Architekturwettbewerb
1. Rang
2023
Bauingenieur: Schnetzer Puskas Ingenieure, Bern
Landschaftsarchitektur: égü Landschaftsarchitekten, Zürich
Mitarbeit Wettbewerb:
Simon Bearse, Aline Andenmatten, Diana Zenklusen, Stephan Pfeiffer
Mitarbeit Projektierung:
Pierre Wüthrich, Simon Bearse, Orhan Sökel
Das ehemaligen Gewerbegebiet entlang der Bahnhofstrasse war von einer Vielzahl verschiedener Bautypologien geprägt. Heute bestehen einzig das Druckereigebäude Fischer (1912), die Alte Moschti (1922) und das Fabrikationsgebäude der Firma Schärer. Weitere Gewerbe- und Landwirtschaftsbauten wichen in den 70er und 80er Jahren einem grossen Wohnhaus mit expressiver Betonfassade und einem gesichtslosen Einkaufszentrum. Trotz diesen Entwicklungen lässt sich entlang des Bahnhofplatzes der ländliche Charakter der Gemeinde erahnen. Blickt man entlang der Bahnhofstrasse nach Süden oder Norden, scheinen die Felder nicht sehr fern. Im Westen blickt man auf die Wälder und Felder des Belp- berges. (Und auf die Berge.)
Die vom Bahnhofsplatz Richtung Osten abzweigende alte und neue Bahnhofstrasse ist von ländlichen Villen geprägt. An deren Ende gelangt man zum Dorfplatz, von wo aus das Strassendorf Münsingen mit seinen Bauernhöfen und Gasthäusern beginnt. Auch die alte Moschti erinnert an die Zeit, als Münsingen ein regionales Zentrum zur Verarbeitung von landwirtschaftlichen Gütern war. Mit dessen Abbruch fällt ein weiterer Erinnerungsträger weg.
Bemerkenswert sind die unterschiedlichen Dachformationen, die in Münsingen zu finden sind: tiefgezogene Dächer der Berner Bauernhäuser, imposante Giebeldächer von alten Gasthäusern, hutartige Walmdächer von öffentlichen Bauten, das steil geschwungene Dach des Schlösschens, das spätbarocke Mansardendach des Blumenhauses. Die Dächer von Münsingen sind im öffentlichen Raum stets präsent und lassen immer Erkenntnisse über Nutzung und Bedeutung der jeweiligen Bauten zu.
Das Projekt trägt dieser Geschichte Rechnung: die expressiv gekrümmte Dachgestalt schafft eine hohe Präsenz am Bahnhofsplatz und baut eine identitätsstiftende Eigenständigkeit auf. Das grosse Dach des neuen Gemeindehauses senkt sich zum Bahnhofsplatz hinab und empfängt die Bürger auf Augenhöhe. Als neues, repräsentativstes Gebäude, vis à vis des Bahnhofes, schiebt es sich mit seinem einladenden Vordach über die benachbarten Fassadenfluchten hinaus. Die eingeschossige Hauptfassade nimmt Bezug auf den menschlichen Massstab und wirkt Dank den grossen Fenstern offen, zugänglich und einladend. Die Zwischenräume zum Einkaufszentrum und zum historischen Fabrikgebäude werden klein gehalten. So bildet sich im Norden eine Zufahrts- und Anlieferungsgasse entlang der geschlossenen Migros-Fassade und entlang des benachbarten Gartens ein beschaulicher Weg für Fussgänger hinauf zum Kreuzweg. Entlang des Kreuzweges wird eine grosse Freifläche geschaffen, welche einen Übergang zum östlichen Villenquartier schafft. Zu diesem Gartenraum hin, tritt das Gemeindehaus dreigeschossig in Erscheinung, was dem Massstab der umliegenden Wohnhäuser entspricht. Der Haupteingang ist zum Bahnhofplatz orientiert. Die Gasse zwischen Migros und Gemeindehaus erschliesst einen Nebeneingang für die Anlieferung und die Tiefgarageneinfahrt. Vom Kreuzweg aus gelangt man über einen neu angelegten Garten zum Mitarbeitereingang im 1. Obergeschoss. Ein geschlossenes Treppenhaus erschliesst die Mitarbeiterbereiche und die Fremdnutzungen vom Untergeschoss bis ins Dachgeschoss.