Neubau Campus HES-SO Valais-Wallis, PH-VS und Stiftung HF Gesundheit in Brig-Glis
Kanton Wallis
Offener Architekturwettbewerb
6. Rang
2024
Bauingenieur: Schnetzer Puskas Ingenieure, Bern
Landschaftsarchitektur: Bischoff Landschaftsarchitektur
HLKS-Planung: ELIMES AG
Brandschutzplanung: RISAM AG
Mitarbeit Wettbewerb:
Simon Bearse
Orhan Sökel
Aline Andenmatten
Diana Zenklusen
Stephan Pfeiffer
Der Raum zwischen der Rhone und der Autostrasse Richtung Unterwallis war bis weit ins 20. Jahrhundert hinein landwirtschaftlich geprägt. Die Saltina bildete eine Grenze für die Siedlungsentwicklung talabwärts. Spital, Kantonspolizei und der Werkhof waren Bauten, die bewusst ausserhalb der Stadt, jenseits dieser Grenze errichtet wurden und den landwirtschaftlichen Charakter dieses Territoriums zunehmend unter Druck setzten. Mit der Erweiterung des Spitals und den Erweiterungsplänen entlang der Geleise trat dieser Prozess in eine neue Phase: Man orientiert sich neu der Stadt zu. Der Campus schliesst sich dieser neuen Ausrichtung an. Die Schule am Rand von Brig-Glis ist Teil der Stadt.
Der eigenständige, hohe Baukörper entlang der Strasse ist bereits vom Bahnhof erkennbar. Die „Stadtfassade“ rückt sich vom Spital ab und erhält neben dem Spitalaussenraum einen eigenen Vorplatz. Auch von Westen her kommend markiert er von weitem sichtbar den Beginn der Stadt.
Die Konzentration des Volumens auf einen Einzelbau ermöglicht die Schaffung eines Parks im Norden, welcher grösser ist als der Schlosspark. Er dient nicht nur dem Campus als großzügiger Aussenraum, sondern gibt dem Spital, wie auch der Stadt einen unbebauten Grünraum mit grossen Bäumen, Wasserflächen und Rückzugsräumen. Pavillons im Park dienen dem in Brig fehlenden, informellen Treffpunkt im Grünen zum Kaffeetratsch, Apéro oder Mittagsimbiss, während die Kinder im Park fröhlich spielen und kreischen, Studenten sich entspannen oder fachsimpeln oder Senioren dem Geschehen freudig zusehen.
Gemäss Leitbild der Stadt Brig-Glis soll die Stadt urbanisiert und verdichtet werden, Stadtplätze und Freiräume sollen geklärt und erhalten werden. Wir befinden uns in der Achse Bahnhof - Quartierplan Bahnhof West – Spital, mit bereits bestehenden oder projektierten Gebäuden. Am Rande grenzt das Schwemmland an, welches als Fruchtfolgefläche traditionell nicht bebaut war und heute als ein wichtiger, landschaftsprägender Freiraum gilt.
Mit einem Hochhaus gelingt es, einen urbanen Übergang der städtischen Entwicklung Bahnhof West/Spitalzentrum zu dem zu erhaltenden Freiraum des Schwemmlands der Rhone zu schaffen. Das Hochhaus begrüßt an der städtischen Erschliessung über die Überlandstraße. Es strahlt Urbanität, Nachhaltigkeit und Innovation aus.
Der Kontrast von Hochhaus und Park eröffnet den Studenten zwei ineinander verschmelzende Welten: Innovation, Technologie, Wissensaustausch und Konzentration auf der einen Seite sowie Natur, Erholung, Bewegung und „Kopflüften“ auf der anderen Seite.
Durch die Höhe ermöglicht das Hochhaus eine atemberaubende Aussicht in die umliegenden Wälder und Berge, sowie ins Stadtleben. Vom Unterricht kann der Blick in die umliegende Bergwelt schweifen. Die Natur liefert Inspiration und Ausgleich zum Unterricht. Alternierende Loggien bieten die Möglichkeit, in der Höhe windgeschützt frische Luft zu schnappen. Ist der Unterricht zu Ende, lädt der Park zum Essen, Kaffeetrinken, Lernen, Yoga oder Spazieren ein.
Von der Stadt herkommend, eröffnet sich vor dem Campus ein grosszügiger Platz. Dieser schafft eine angemessene Adresse für den bedeutenden Bau.
Die Topographie um das Campusgebäude umfliesst das Gebäude und verbindet die Eingangsebene mit der Parkebene, auf der Ostseite mit einer grosszügigen Freitreppe, die auch Aufenthaltsort ist, auf der Westseite mit einer grosszügigen Grünfläche.
Auf der Rhone-Seite eröffnet sich ein grosszügiger Park, der als Freiraum nicht nur für den Campus, sondern auch für die nähere Nachbarschaft zur Verfügung steht.
Der Park steht den Studenten nicht nur als Erholungsort, sondern auch als Arbeitsort. Kleine Strukturen und Mobiliar steht zur Verfügung, um sich einzeln oder als Gruppe zusammen zu sitzen. Ein Pavillon mit Café ergänzt das Angebot.
Der zentrale Weiher funktioniert als Retention- und Versickerungsfläche für das gesamte Oberflächenwasser des Campusareals. Eingebettet in eine vielfältige Baum- und Strauchpflanzung, erinnert die Wasserfläche an die Landschaftsspiegel im Pfynwald, wo sich Berge in dem Dunklen Wasser in den Lichtungen spiegeln.
Das offene, flexible Erdgeschoss wir durch den Stadt- und den Parkeingang geprägt. Mitten im Erdgeschoss stehend, kann die Stadt und der Park in einem Blick wahrgenommen werden.
Das überhohe Erdgeschoss verbindet die Park- und die Stadtebenen grosszügig. Auditorium, Hörsaal, Cafeteria, Mensa und Küche sind ineinanderfliessend, luftig und hell.
Das Auditorium kann direkt von Aussen oder über das Foyer erschlossen werden. Ein Apero nach der Diplomfeier kann in der Cafeteria oder direkt im Park stattfinden.
Durch die Höhendifferenz von Hörsaal und Auditorium, kann der der Hörsaal bei Bedarf zu einer Bühne Richtung Auditorium umfunktioniert werden. Die Cafeteria und Mensa liegt im Erdgeschoss zum Park orientiert. Im Sommer kann diese zum Park hin erweitert werden.
Im Zentrum des Hochhauses beginnt im Erdgeschoss die Haupterschliessung – eine grosszügige Treppe im Atrium. Das Atrium bring natürliches Licht vom Dach bis hinunter ins Erdgeschoss. Vier Lifte, angrenzend an das Fluchttreppenhaus, erschliessen die 12 Geschosse und ermöglichen kurze Wartezeiten.
Ab dem zweiten bis zum neunten Obergeschoss wechseln sich kleine, wie grosse Unterrichtsräume, Seminarräume, Konferenzräume, Multimedia-Labore oder Bildnerisches/Technisches Gestalten ab.
Im 10. Obergeschoss sind sämtliche Übungsräume untergebracht. Das Lehrpersonal findet seine Räume im 11. und 12. Obergeschoss, mit der atemberaubenden Aussicht.
Durch das 10 x 10 Raster wird das Gebäude maximal flexibel. Das Auditorium, Hörsäle so wie Klassenzimmer oder Büros integrieren sich problemlos im gegebenen Raster. Es sind keine Abfangungen notwendig. Vom obersten Stockwerk bis hinunter in die Tiefgarage kann das Raster, ohne Ausnahmen, durchgezogen werden.
Über Rampen werden die zwei Tiefgaragengeschosse des Spitals erschlossen. Die gedeckten Veloabstellplätze können direkt vom Kreisel an der Ueberlandstrasse durch die bestehende Unterführung oder über einen Lift erreicht werden.
Durch das grosszügige Raster können die Nutzungen jederzeit verschoben, getauscht oder neu unterteilt werden. Sollten Anforderungen und Bedürfnisse in Zukunft ändern, kann sich der Grundriss des Hochhauses mit dem Wandel bewegen und sich flexibel fügen – das Hochhaus ist ein Möglichkeitsfeld.
Die Tragstruktur des 13-geschossigen Neubaus wird als moderner Montagebau in Holzbauweise konzipiert. Regelmässig angeordnete Holzstützen im Raster von 10,20 x 10,20 Meter, geschossüberspannende Trägerroste und aussteifende Windverbände entlang den Fassaden bilden das Primärtragwerk des flexiblen Hochhauses. Das innovative Konzept für die Ausbildung der Trägerroste in den Deckenebnen ermöglicht eine vollkommen biaxiale Tragwirkung der Holzstruktur, weil in den Knotenbereichen das Holz durch Beton ersetzt wird. Die einzelnen Deckenträger werden vorfabriziert mit Längen von ca. 10 resp. 2,5 Meter und vor Ort durch die Betonknoten statisch miteinander verbunden. Das Betonieren der Knotenpunkte im Bereich des Stützenkopfs ermöglicht zudem die hohen Lasten aus den darüber stehenden Stützen auf einfache Weise durch die Deckenebenen durchzuführen.
Die grossen Spannweiten führen zu einer hohen Nutzungsflexibilität, welche für einen Holzbau bemerkenswert ist. Innerhalb des Grundrasters können sehr unterschiedliche Zimmereinheiten gebildet werden, welche nach dem Prinzip der Systemtrennung mittels nichttragender Wände zueinander abgegrenzt werden. Das ermöglicht eine nachhaltig flexible Anordnung der Nutzungseinheiten. Der Trägerrost selber wird durch schlanke Hohlkastendecken ausgefacht, welche als vorfabrizierte Elemente von ca. 2,54 x 2,54 Meter feldweise montiert werden. Zur Verbesserung der Schalldämmwerte werden die Hohlkastenelemente zusätzlich mit einer Kalksplittschüttung ausgefüllt.
Die Stützen werden in hochfestem Stabschichtholz aus Schweizer Buche konzipiert, wodurch verhältnismässig schlanke Bauteilabmessungen ermöglicht werden. Sie gehen durch sämtliche Geschosse bis auf die Bodenplatte durch, was zu einem sehr effizienten Lastpfad führt.
Die Stabilisierung gegenüber horizontalen Einwirkungen aus Wind und Erdbeben erfolgt über allseitig in den Fassadenebenen angeordnete zug- und druckfeste Verbände, welche ebenfalls in leistungsfähigem Stabschichtholz aus Schweizer Buche konzipiert sind. Durch die Anordnung der aussteifenden Elemente in den Fassadenebenen entsteht eine Art Röhrensystem, welches neben der erforderlichen Biege- und Schubsteifigkeit auch eine hohe Torsionssteifigkeit aufweist. Die beiden Untergeschosse werden als sogenannter steifer Kasten ausgebildet, wobei die Decke über dem 1. Untergeschoss den Einspannhorizont bildet.
Das Kleid des Hochhauses wirkt filigran, freundlich und einladend. Die Holzfenster mit Stoffstoren, in Kombination mit dem Aluminiumskelett aus Chippis, widerspiegeln die regionalen Ressourcen. Ein „brise-soleil“ spendet Schatten und schützt das Holz vor Sonneneinstrahlung und Niederschlag.
Die PV-Elemente, meist aus chinesischer Produktion, werden bewusst nicht in den Vordergrund gerückt. Dadurch können sehr preisgünstige Modelle, ohne grössere gestalterische Ansprüche, verbaut werden. Sie sind dezent auf dem „brise-soleil“ aufgesetzt. Sollte die heutige Technologie der PV-Module durch effizientere Systeme in Zukunft überholt sein, lassen sich die Module sehr einfach ersetzen oder weglassen. Der Ausdruck der Fassade bleibt so auch nach dem Ende der kurzlebigen Solarzellen erhalten. Fährt man über die Lötschberg-Südrampe ins Tal, sind sie dennoch von oben her funkelnd aus der Distanz wahrnehmbar. Fenster können einfach von aussen auf dem „brise-soleil“ geputzt werden.
Bezüglich der Nachhaltigkeit wird der Fokus auf einen sparsamen Umgang mit dem Bauland gelegt. Durch die Konzentrierung der Nutzungen auf ein Gebäude wird ein grosser Teil der charakteristischen Grünfläche rund um den Campus erhalten. Diese Grundhaltung hilft der Kompaktheit des Gebäudes, und sich zusammen mit der erhaltenen Landreserve über Generationen hinweg auszahlt.
Es wird maximal viel regionales Holz verbaut. Beton wird sehr Minimal in den Untergeschossen, so wie bei den Knotenpunkten der Stützenköpfe verwendet. Der Kern mit Fluchttreppenhaus und Liften ist nicht betoniert. Für die Aussteifung kann ebenfalls eine Holzstruktur verwendet werden.
Sämtliche Baumaterialien im Rohbau und Ausbau sollen, wenn möglich, regional beschafft werden. So wird Buchenholz aus dem im Wallis einmaligen Buchenwald in Zwischbergen des Forstreviers Simplon benutzt. Im Rahmen eines Forstprojektes kann somit dessen überalterter Baumbestand verjüngt werden. Das Lärchen- und Fichtenholz für Fensterrähmen, Böden und Innenausbauten kann aus dem Forstrevier Brig und Goms bezogen werden. Natursteinelemente im Bereich der Cafeteria stammen aus Salvan VS. Für die Dämmung der Fassade kann Schafwolle verwendet werden.
Im Erdgeschoss wie auch in den Aussenbereichen wird als Bodenbelag ein Monobeton eingebracht und geschliffen. Das Kies für für diesen Boden wird aus der Grube vis-à-vis der Rhone gewonnen. Dies wird dank des langlebigen Bodens über Jahrzehnte ablesbar sein.